Der neue Sozialbericht 2025 der Landeshauptstadt Kiel lenkt mit seinem Schwerpunktthema „Drogen“ den Blick auf eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit. Die Zahlen sind eindrücklich: Weltweit stieg laut Weltdrogenbericht 2024 der Vereinten Nationen die Zahl der Drogenkonsumierenden in nur zehn Jahren um fast ein Viertel – auf 292 Millionen Menschen. Kiel ist Teil dieser Realität.

„Der Sozialbericht zeigt deutlich, wie viele Facetten Sucht hat: Sucht am Arbeitsplatz, Sucht in der Familie, Medikamentenabhängigkeit als stille Gefahr, Sucht bei Frauen und Sucht im Alter“, sagt Karla Frieben-Wischer, sozialpolitische Sprecherin der Grünen Ratsfraktion. „Die Zahlen beweisen: Wir brauchen mehr niedrigschwellige, leicht erreichbare Hilfsangebote. Besonders Crack-Konsumierende finden den Weg in die Beratung oft nicht. Für sie brauchen wir spezielle Angebote – ein Crack-Hilfezentrum, ein Crack-Haus in Gaarden. Sonst verlieren wir diese Menschen.“

Die Kieler Suchthilfe wurde 2024 von 2.592 Betroffenen und 323 Angehörigen aufgesucht. Neun von zehn suchten Unterstützung wegen substanzbezogener Abhängigkeit. 71 Prozent der Klient*innen waren Männer, 29 Prozent Frauen. Sucht kennt kein Alter: Fast jeder Zehnte war über 60 Jahre alt, fast ein Drittel stand mitten im Berufsleben. Besonders häufig betroffen sind alleinlebende Menschen. „Diese Zahlen zeigen, dass Sucht alle Lebenswelten betrifft – Menschen mit festem Gehalt genauso wie Menschen im Bürgergeldbezug oder in Rente“, so Frieben-Wischer.

Auch der seniorenpolitische Sprecher der Grünen Ratsfraktion, Karl Stanjek, mahnt, den Blick stärker auf ältere Menschen zu richten:
„Sucht im Alter ist ein blinder Fleck. Sie bleibt lange unerkannt, weil Nachbarschaften wegbrechen und Vereinsamung zunimmt. Ängste, Einsamkeit und Armut sind Nährboden für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. Der Sozialbericht vergibt die Chance, hier stärker zu informieren. Eine kommunale Drogenpolitik muss Sucht- und Altenhilfe zusammendenken. Es ist Zeit, die Akteure zusammenzubringen und Türen zu öffnen – auch für Menschen über 60. Ihre Lebenserfahrung ist wertvoll, ihre Würde unverhandelbar.“

„Daten müssen zu Taten führen“, sagt Frieben-Wischer. „Kiel braucht eine Drogenpolitik, die niemanden zurücklässt – weder Jugendliche noch ältere Menschen, weder Gelegenheitskonsumierende noch Menschen in schwerer Abhängigkeit. Das ist eine Frage der Menschenwürde.“