Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,sehr geehrte Ratsleute, „Inklusion ist Chef*innen-Sache“. So steht es im „Leitbild für Barrierefreiheit“ der Landeshauptstadt. Dieses Leitbild ist die Antwort auf die 2008 in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), der 20 Nationen beigetreten sind – im Jahr 2009 die Bundesrepublik. Unsere Landeshauptstadt hat diesen Auftrag früh angenommen. Ein erster Entwurf entstand hier schon parallel zur UN-BRK, Ende 2007, eine Neuauflage 2022. Wir wollen nun wissen: Welche Leitziele zur Barrierefreiheit hat die Landeshauptstadt Kiel umgesetzt? Welche Ziele sind in Bearbeitung? Welche Ziele sind noch offen? Inklusion ist eine Querschnittsaufgabe. Sie betrifft alle Dezernate. Sie berührt das Herz unserer Stadt, das Herz aller Menschen, die hier leben. Deshalb müssen wir weit denken und konkret handeln. Damit das wirklich funktioniert, brauchen wir eine Stelle, bei der alle Fäden zusammenlaufen: die ansprechbar ist für die Dezernate genauso, wie für die Akteur*innen und unterschiedlichen Träger von Einrichtungen – und vor allem auch für die Menschen, die Unterstützung brauchen. Laut dem Sozialbericht von 2024 leben in Kiel etwa 43.000 Menschen mit Behinderung. Das sind rund 17 Prozent der Einwohner*innen Kiels. Sie alle haben ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe. Und alle Kieler*innen, ob mit oder ohne Behinderung, haben ein Recht auf ein barrierefreies Leben in Familie, Beruf, Freizeit und Ehrenamt. Die UN-BRK gilt für uns alle. Zentrale Anliegen der UN-BRK sind die Selbstbestimmung, Inklusion sowie die Autonomie von Menschen mit Behinderungen. Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig. Wir alle, ob mit oder ohne Beeinträchtigungen, haben einen wichtigen Anteil am Gelingen unseres sozialen Miteinanders, unseres kulturellen Miteinanders, unserer sportlichen Erfolge! Auch unserer Wirtschaft, in der Wissenschaft. Wir müssen aufhören, Barrieren zu bauen, jede Beeinträchtigung als Problem zu sehen. Unsere Aufgabe ist es, Barrieren abzubauen. Menschen sind nicht „behindert“. Sie werden behindert. Wir brauchen Barrierefreiheit in unseren Köpfen. Und wir sollten unsere „Köpfe zusammenstecken“ und gemeinsam nachdenken. Was hilft? Wie können wir als Stadt unterstützend wirksam werden. Und vor allem auch: Was können wir voneinander lernen. Das Ziel ist in der UN-BRK klar formuliert: Chancengleichheit und Teilhabe für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen. Doch wie kommen wir dahin? Die Leitlinien der Stadt sind sicherlich hilfreich und ein wichtiger erster Schritt. Das reicht uns aber noch nicht. Wir sind noch lange nicht in einer inklusiven Realität angekommen. Dafür müssen wir konkreter werden. Mit einem Aktionsplan, der konkrete Maßnahmen, einen Zeitplan, messbare Ergebnisse einfordert. Das Bundeskabinett hat im Jahr 2011 den Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention „Auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft“ beschlossen. Mit diesem Aktionsplan der Bundesregierung sollen zugleich auch Länder, Kommunen, Unternehmen der Privatwirtschaft und andere angeregt werden, in ihren eigenen Kompetenzbereichen eigene Aktionspläne zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention zu entwickeln. Das Deutsche Institut für Menschenrechte weist darauf hin, dass Aktionspläne alternativlos für die Umsetzung der UN-BRK seien. Die Staaten sind im Allgemeinen verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der Konvention zu ergreifen (Artikel 4 der UN-BRK). Wenn verbindliche Maßnahmenpläne in unverbindlichere Leitlinien aufgeweicht werden, bestünde die erhebliche Gefahr, dass das Erreichen des Zieles einer selbstverständlichen gleichberechtigten Teilhabe weiterhin nicht ganzheitlich und konsequent verfolgt wird. Was hier im Großen gilt, gilt auch für unsere Landeshauptstadt. Kiel ist bereits auf einem guten Weg. Beispielsweise werden auf der Homepage der Landeshauptstadt vorbildlich die Anliegen und Adressen für Menschen mit Behinderung dargestellt. Schon in dem Informationsheft „Perspektiven – Ratgeber für Menschen mit Behinderung“ wird auf den Perspektiv-Wechsel hingewiesen: Nicht der Menschen ist behindert, sondern Menschen werden durch die Barrieren der Umwelt behindert. Dabei sind es nicht nur die sichtbaren Barrieren wie fehlende Aufzüge oder fehlende Blindenleitstreifen sondern auch Barrieren im Denken und Handeln. Beispielsweise die quer stehenden Pfosten bei Baustellen auf dem Bürgersteig, so dass Rollis nicht mehr ausreichend Platz zum Vorbeifahren haben. Oder dass es selbstverständlich sein sollte, dass bei Veranstaltungen der Verwaltung oder Politik ein Hinweis gegeben wird, wo Menschen Gebärdendolmetscher*innen oder Rampen für den Rolli beantragen können, um die Veranstaltung zu besuchen. Zum Beispiel auch die Ratsversammlung. Im Leitbild der Stadt ist in einem Satz gesagt, was Inklusion wirklich heißt – und das sollte unser Handeln bestimmten: „Alles für alle – von Anfang an.“ Vielen Dank.