Meeresschutz, Trinkwasserbrunnen und die Probleme am Theodor-Heuß-Ring

Rede hat Ratsherr Arne Stenger am Donnerstag, 13. Dezember 2018, im Rahmen der Haushaltsberatungen gehalten::

Sehr geehrter Stadtpräsident,
liebe Kolleg*innen,

Klimaschutz, Meeresschutz, Plastikmüll als Mikro- & Makroplastik, Trinkwasserbrunnen, Fahrradverkehr, Energieeffizientes Bauen,  Zero-Waste, ökologische Aufwertung von Grünflächen, Einstieg in die Anpassung an den Klimawandel – und natürlich die Probleme der Luftqualität – Stichwort: Theodor-Heuss-Ring!

Auch nach vielen Stunden der Haushaltsberatungen haben wir noch viele Themen anzusprechen.   Wichtige Themen!

Aber keine Sorge: Ich werde sie alle nur knapp anreißen.

Nach dem aktuellsten Sonderbericht des IPCC, auch als „Weltklimarat“ bezeichnet, liegt die weltweite Durchschnittstemperatur mittlerweile ca. 1 Grad Celsius über der Temperatur der vorindustriellen Zeit. Wir steuern bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf einen Anstieg der Temperauren um bis zu 3 Grad Celsius zu, wenn wir den Ausstoß an klimarelevanten Gasen nicht drastisch reduzieren.

Zum Teil haben wir darauf gar keinen Einfluss mehr. Im subarktischen Asien und Amerika  tauen großflächig Permafrostböden auf und setzen dabei riesige Mengen an Methan frei.  Diese Entwicklungen haben wir durch unseren CO²-Ausstoß angeschoben, stoppen können wir sie nur bedingt.

Entwicklungen also, die uns Angst machen können.  Natürlich können wir auf unserer kleinen kommunalen Ebene, mit einem Haushalt von gerade mal 1 Milliarde €, nicht viel gegen diese globalen Entwicklungen unternehmen, aber wir können bei uns und vor unserer Haustür anfangen. Hier in Kiel und in der KielRegion. Und wir hoffen, dass die nächste Klimakonferenz nicht ähnlich ergebnislos bleibt, wie es gerade in Kattowitz passiert.

Nicht nur global, auch kommunal ist der Klimawandel die größte Herausforderung für die kommenden Jahre und Jahrzehnte.

Wir nehmen dieses Thema ernst und wir leisten daher mit unseren Möglichkeiten auf kommunaler Ebene unseren Beitrag zum Klimaschutz.

Wir haben bereits das Gasmotorenkraftwerk auf den Weg gebracht, das in 2019 ans Netz gehen wird und damit endlich die Steinkohleverbrennung in Kiel beenden wird. Eine deutliche Verbesserung und die Garantie, dass wir unsere CO²-ZieIe für 2020 erreichen werden, wie der OB bereits erwähnte.   Aber auch dieses Kraftwerk darf nur eine Übergangslösung sein. Wir müssen komplett den Wandel zu regenerativen Energien vollziehen, denn auch Erdgas ist endlich und ein CO²-Emitent. Unter der Perspektive, überschüssige erneuerbare Energie als „Power to Gas“ zu verwerten, ist das Gasmotorenkraftwerk aber womöglich auch ein Zukunftskonzept.

Und wir müssen in Kiel noch viel mehr tun. Der „Masterplan 100% Klimaschutz“ hat vieles auf den Weg gebracht. Sehr beeindruckend dazu die Darstellung der Aktivitäten, die gestern Abend in der Pumpe präsentiert wurden. Vielen Dank an dieser Stelle auch an die Mitarbeiter*innen dieses Projektes . Wir unterstützen das Projekt und werden uns für eine Fortführung auch über 2020 hinaus einsetzen.

Eines der entscheidenden Wirkungsfelder ist in diesem Zusammenhang eine nachhaltige Mobilitätswende.

Kiel muss weg vom Auto! Kiel muss hin zur Stadtbahn. Hin zum Bus. Hin zum Fahrrad. Hin zum Fußweg!

Wir  bringen deshalb mit diesem Haushalt eine Stärkung des Radverkehrs auf den Weg. Wir haben für die Erstellung eines Masterplans Radverkehr 50.000 € in den Haushalt eingestellt.  Masterpläne können schnell zu wirkungslosen Papiertigern werden. Das wäre fatal.

Der Masterplan Radverkehr soll ein Zeichen des Aufbruchs sein und zugleich greifbare Handlungsempfehlungen enthalten, die wir in der Folge schnell umsetzen werden.

Die Ausgaben für die Unterhaltung von Rad- und Fußwegen werden um 250.000 € erhöht. Angesichts der Kosten für ein paar hundert Meter Radweg ist dies allerdings nicht viel Geld. In den kommenden Jahren muss das also alles noch viel mehr werden, merke ich hier gerne selbstkritisch an. Die Schwerpunkte müssen sich dort eindeutig verschieben. Und wir schaffen zwei neue Stellen, damit die Unterhaltung und Sanierung von Rad- und Fußwegen wirklich vorangeht.

Wir müssen den ÖPNV stärken, dafür sind wir auf dem Weg zum 1-€-Ticket und auf dem Weg zur Stadtbahn.

Zum Theodor-Heuss-Ring muss ich gar nicht viel sagen. Der Luftreinhalteplan des Landes wird unser Handeln bestimmen. Wir sollten uns danach richten und uns entsprechend auf alle Möglichkeiten einstellen. Das können auch Fahrverbote sein. Ganz gleich, ob wir das richtig finden oder nicht. Und ich möchte in diesem Punkt nochmals vor einer „Kopf-in-den-Sand“-Haltung warnen.

Und ich warne auch davor, den Weg vor die Verwaltungsgerichte zu wählen. Dieses Problem verdient eine politische Lösung und keine juristische. Politik auf allen Ebene sollte sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen und die selbige auf Gerichte übertragen. Zumal die mittlerweile zahlreichen Urteile aus anderen Bundesländern zeigen, dass Gerichte nicht gegen Fahrverbote entscheiden, sondern sie ordnen sie an.

Auch hier möchte ich nochmal anmerken: Fahrverbote sind hoffentlich niemandes Ziel. Aber sie können letzten Endes ein Mittel sein, mit dem es gelingt, dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit Geltung zu verschaffen. Es geht hier um den Schutz von Menschen!

Alle Kieler*innen haben ein Leben verdient, dass sie in einer Umwelt führen können, die nicht mit Schadstoffen jenseits gesetzlich geregelter Grenzwerte  belastet ist! Wir brauchen pragmatische Umgang mit den Entscheidungen des Landes und keine Strohhalme zum Festklammern.

Was können wir noch fürs Klima tun? Klimaschutz ist auch eine Querschnittsaufgabe. Erfreulicherweise werden wir demnächst eine neue Kieler Wohnungsgesellschaft haben. Auch diese muss klimafreundlich bauen. Dabei müssen wir auch die Möglichkeit von Passivhausquartieren prüfen. Sowohl bei eigenen Bauprojekten, aber auch bei kommenden Bebauungsplänen zum Beispiel auf dem MFG-5-Gelände. Dabei wollen und dürfen wir jedoch nicht Klimaschutz und sozialen Wohnungsbau gegeneinander ausspielen. Es geht beides! Die Kosten für Passivhäuser im Neubaubereich werden teils nur als 5-7% höher veranschlagt.

Als Schluss zu meinem Klimateil möchte ich auch auf die notwendige Anpassung an den Klimawandel hinweisen. Hierfür haben wir 50.000 Euro für ein Gründachprogramm in den Haushalt eingestellt. Gerade vor dem Hintergrund drohender Hitzeperioden und Starkregenereignisse ist es von großer Bedeutung, urbane Siedlungsräume neu zu gestalten. Gründächer und Grünfassaden oder Versickerungsflächen müssen gefördert werden, um städtische Räume fit für die neuen klimatischen Gegebenheiten zu machen.

Auch die ökologische Aufwertung unserer Grünflächen muss dort einen kleinen Mosaikstein liefern. Das bedeutet neben  den notwendigen Masterplänen und großen Konzepten, die man im Haushalt verabschiedet,  eben auch den Einsatz für Wiesen und Bäume im politischen Alltag. Dafür werden wir Grüne weiter kämpfen.

Leider reicht es nicht, wenn wir das Klima retten. Denn als Menschen schaffen wir es, die Welt auch an anderer Stelle zu gefährden – Thema  Meeresschutz. Unsere Ozeane werden zu den Müllkippen unseres Planeten. In einigen Jahren wird nach der Prognose von Meereswissenschaftlern mehr Plastik in den Ozeanen zu finden sein, als Fische.

Auch in diesem Bereich können wir auf kommunaler Ebene aktiv werden. Plastikmüll zu vermeiden, ist ein absolut zentrales Thema für die Zukunft. Auch deshalb wollen wir in Kiel Trinkwasserbrunnen aufstellen, die es den Kielerinnen und Kielern ermöglichen, ihre mitgebrachten Flaschen mit Trinkwasser unkompliziert wieder zu befüllen.

In Deutschland werden stündlich 1,8 Millionen Einweg-Plastikflaschen verbraucht.  Das sind über 40 Millionen am Tag.

Die Herstellung von Plastikflaschen verschlingt jährlich 460.000 Tonnen Rohöl. Mit dieser Menge könnten fast 400.000 Einfamilienhäuser ein Jahr lang beheizt werden. Der Energieverbrauch für die Produktion könnte über 2 Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

Wir stellen dafür 50.000 € in den Haushalt ein.

Nach dem Erfolg plastiktütenfrei zu werden, konnte dieser Erfolg auch mit Hilfe eines runden Tisches auf den Bereich der Getränkeeinwegbecher übertragen werden. Ich bin zuversichtlich, dass im Laufe des Jahres 2019 eine Lösung in Kiel etabliert werden kann, die dann ein Pfandsystem für To-Go-Becher beinhaltet.

Es wäre doch auch schade, wenn wir in diesem Punkte nicht das schaffen, was uns Lübeck seit ein paar Wochen vorlebt.

Grundsätzlich wollen wir Kiel zur ersten Zero-Waste-Kommune in Deutschland machen. An dieser Stelle auch der Dank an die CDU, die mit diesem Thema vor einigen Monaten vorgeprescht ist. Wir haben dies gerne aufgenommen. Eine abfallfreie Kieler Woche wäre hier beispielsweise ein erstes deutliches Zeichen.

Alle Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Müllvermeidung sind immer auch Maßnahmen zum Meeresschutz. Gerade als Stadt am Meer sollten wir dieses Thema besonders im Fokus haben. Auch die geballte Kompetenz, die sich in Kiel diesbezüglich an CAU & Geomar sammelt, wollen wir viel stärker nach außen tragen. Wir machen uns daher auf den Weg ein Meeresvisualisierungszentrum in Kiel zu errichten.

Wir können die globalen Probleme leider nicht in Kiel lösen. Aber wir können unseren Anteil dazu beitragen.

Als Baupolitiker möchte ich aber auch noch ein Wort zum Antrag der CDU zum Aufstiegsbauwerk Holstentörn sagen. Kiel muss Chancen die sich ergeben nutzen, die Bausünden der Vergangenheit zu reparieren.

Einzelhandel verändert sich, Einkaufen findet immer mehr im Netz statt. 

Einkauf im stationären Handel muss deshalb zum Erlebnis werden. Dazu gehört die nötige Aufenthaltsqualität. Wir schaffen diese bereits mit dem Kleinen Kiel-Kanal. Lassen Sie uns alle deshalb beim Holstenplatz nicht einfach einen Fehler aus vergangenen Jahren wiederholen, sondern lassen sie uns mit den Kaufleuten UND den Kielerinnen und Kielern die Lösungsmöglichkeiten diskutieren und die Möglichkeiten einer Lösung ohne Brückenbauwerk darstellen und diskutieren.  Ohne auf die Details einzugehen, möchte ich nur daran erinnern, dass das vorgelegte Gutachten im Bauausschuss aus städtebaulicher Sicht eindeutig die Lösung ohne Brücke bevorzugt. So kann ein Platz mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen werden.

Vielen Dank!

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