Kinderarmut in Kiel – Grüne legen 12-Punkte-Programm auf

Fast jedes dritte Kind in Kiel wächst in Armut auf. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen einzelnen Stadtteilen. Während es in einigen sehr viel weniger armutsgefährdete Familien sind, leben in anderen sehr viel mehr in Armut. Allein in Gaarden und Mettenhof leben über 50% der Kinder unterhalb der Armutsschwelle. Das sind alarmierende Zahlen, auch wenn die Kinderarmut in Kiel in den letzten Jahren tendenziell sinkt. In einem reichen Land wie Deutschland darf kein Kind in Armut aufwachsen müssen. Wir Grünen setzen uns aktiv dafür ein, dass Kinder und Jugendliche durch gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe sowie Unterstützung in Schule Zukunftsperspektiven entwickeln. Diese konkreten Maßnahmen werden wir in den nächsten Jahren umsetzen.

1. Ungleiches muss ungleich gefördert werden. Wir halten daran fest, dass aufgrund von Sozialindikatoren aus der Sozial- und Bildungsberichterstattung der Landeshauptstadt Kiel armutsgefährdete Familien sowie Kinder und Jugendliche gezielt gefördert werden.

2. Eine Sozialraumanalyse zur Darstellung von Kinder- und Jugendarmut und deren Folgen über die Kieler Stadtteile und Quartiere mit hoher Quote an armutsgefährdeten Familien werden wir, inkl. wissenschaftlicher Begleitung, auf den Weg bringen. Die Skizzierung von Handlungsempfehlungen sollten ebenfalls Teil der Analyse sein.
Kinder und Jugendliche, armutsgefährdete Familien sowie das Netzwerk gegen Kinderarmut sind an der Analyse und Handlungsempfehlungen mit ihrer Perspektive zu beteiligen. Jugendliche in armutsgefährdeten Familien sollen dabei die gleiche Aufmerksamkeit wie Kinder bekommen, da diese häufig wie einkommensarme Erwachsene betrachtet und behandelt werden, obwohl sie sich noch in einer Lebensphase mit vielen Entwicklungsaufgaben befinden.

3. Wir werden die Stadtverwaltung beauftragen vor dem Hintergrund der Analyse und der Handlungsempfehlungen einen gesamtstrategischen Prozess ämterübergreifend über alle Politikfelder zum Umgang mit und gegen Kinder- und Jugendarmut zu entwickeln.

4. Um Kindern und Jugendlichen systematischer als bisher kulturelle Teilhabe zu ermöglichen und damit Bildungschancen zu verbessern, fordern wir eine zentrale Koordinierungsstelle für kulturelle Bildung, um dies aufzubauen.

5. Armut zeigt sich häufig in einem Mangel an sozialer Teilhabe. Eine Wohnung mit Stromversorgung und Heizung sind Grundlage für Teilhabe. Keine Familie soll deshalb von Stromsperren bedroht sein. Mit den Stadtwerken werden wir im Gespräch bleiben und nach Lösungen suchen, wie die Grundversorgung für alle finanzierbar bleiben kann. Auch bei Mietobergrenzen setzen wir uns dafür ein, dass bei Mietobergrenzen die Besonderheiten des Einzelfalls einen höheren Stellenwert erhalten – damit keine Wohnung kalt bleiben oder verlassen werden muss. Um günstigen Wohnraum anbieten zu können, setzen wir uns dafür ein bis einschließlich 2030 600 Wohnungen jährlich in den Besitz der KiWoG zu überführen. Dazu muss die Stadt nicht nur selbst bauen, sondern auch ihre Vorkaufsrechte ausüben.

6. Kinderarmut ist Familien- bzw. Elternarmut. Wir wollen möglichst viele Mütter und Väter Lohnarbeit ermöglichen. Arbeitgeber*innen können einen Beitrag leisten und familienfreundlicher werden. Insbesondere Alleinerziehende sind von Armut betroffen oder bedroht, da sie häufig im Niedriglohnbereich arbeiten. Alleinerziehende dürfen nicht aufgrund mangelnder Flexibilität auf den Niedriglohnbereich reduziert werden. Arbeitgeber*innen müssen deshalb flexibler aufgestellt sein.
Wir werden die kommunalen Handlungsspielräume nutzen, um auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel mit regionalen Unternehmen Handlungsbündnisse gegen Familienarmut zu gründen.
In der Landeshauptstadt Kiel gibt es schon jetzt vielfältige Aktivitäten, beschlossen von der Ratsversammlung oder aus der Stadtgesellschaft heraus gegen Kinderarmut. Insbesondere folgende Maßnahmen müssen verstärkt gefördert werden:

7. In Kooperation von Schule und Jugendhilfe werden weiterhin die Bildungschancen von Kindern in den ersten beiden Schulklassen (Anker-Klassen) in allen Stadtteilen gestärkt.

8. In allen pädagogischen Einrichtungen und in allen Schulen werden Fortbildungen zum Thema „Armutssensibles Handeln“ durchgeführt und das pädagogische Handeln evaluiert.

9. Das Netzwerk gegen Kinderarmut e.V. bringt Träger der Wohlfahrtsverbände, politische Selbstverwaltung und Stadtverwaltung zusammen. Personelle Ausstattung sowie Sachkosten für die Netzwerk- sowie Öffentlichkeitsarbeit müssen gestärkt werden.

10. Das Ganztagsangebot an Kieler Schulen sowie Schulsozialarbeit muss so ausgebaut werden, dass insbesondere Schüler*innen aus benachteiligten Lebensverhältnissen analog zu den Perspektivschulen gefördert werden. Hierzu gilt es mit der Landesregierung entsprechende Gespräche auszunehmen. Dies gilt ebenso für die personelle Ausstattung der DaZ-Klassen.

11. Das Projekt „Gaarden hoch10“ soll auf andere Stadtteile mit ähnlicher Armutsquote ausgeweitet werden. So wird Kindern, eine ruhigere und lernfähigere Umgebung geschaffen.

12. Kostenlose Angebote im Bereich Kultur, Sport, Freizeit und Bildung müssen weiter ausgebaut werden. Kostenpflichtige Angebote müssen auf die Preisstruktur überprüft und Möglichkeiten erarbeitet werden, diese für Kinder und Familien mit KielCard kostenlos anzubieten.

Bei allen Maßnahmen setzen wir uns beim Land SH dafür ein, dass die besonderen Bedingungen der Landeshauptstadt Kiel als regionales Oberzentrum aufgrund der vorhandenen Sozialstruktur besondere Berücksichtigung finden.

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