Buba1955 // Getty Images Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, liebe Kolleg*nnen, ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich bin gerne zu Fuß unterwegs, so wie viele andere Menschen in Kiel auch. Ich habe sogar schon Mitglieder der CDU-Fraktion gesehen, die zu Fuß unterwegs waren, was man bei dem Antrag hier ja gar nicht glauben mag. Insgesamt 30% der Wege in unserer Stadt werden zu Fuß zurückgelegt, ein überdurchschnittlicher Wert für deutsche Großstädte. Kiel ist offensichtlich nicht die schlechteste Stadt, um zu Fuß zu gehen. Das wollen wir weiter fördern und nicht verhindern, wie es dieser Antrag tun würde! Auch dank unserem Fußverkehrsbeauftragten Till Zeyn wird es dieses Jahr das erste flächendeckende Fußverkehrskonzept in einer deutschen Großstadt geben und darauf können wir zurecht stolz sein und ich möchte der Verwaltung meinen Dank aussprechen, dass der Fußverkehr ernst genommen wird. Aber ganz sicher wird dieses Konzept nicht auf der Grundlage stehen, dass wir unsere Standards um 30 Jahre oder mehr zurückdrehen. Nichts anderes ist die Forderung von 1,80m als Gehwegbreite ja. Es stimmt zwar, was sie in Ihrer Begründung schreiben: Die Regelwerke und Empfehlungen der FGSV sind in der Regel nicht verbindlich. Aber sie werden als Stand der Technik angesehen und können daher doch Verbindlichkeit erreichen, insbesondere die Richtlinie für die Anlagen von Stadtstraßen, die RASt. Aber was auf jeden Fall verbindlich ist, sind unsere Gesetze. Insbesondere die Behindertengleichstellungsgesetze vom Bund und vom Land geben vor, dass öffentliche Wege, Plätze und Straßen barrierefrei zu gestalten sind. Und wir als Kooperation fühlen uns verpflichtet, die Barrieren in der Stadt abzubauen und Teilhabe zu ermöglichen! Für Gehwege heißt das konkret: Ein Mindestmaß von 2,70m. Stellen wir uns zwei Rollifahrende vor, die sich begegnen wollen. Die schon 13 Jahre alten Hinweise für barrierefreies Bauen der FGSV sehen 90cm für eine Person im Rollstuhl vor, zuzüglich 20cm Abstand im Begegnungsfall. 90cmx2+20cm macht 200cm. Dazu kommt, und das unterschlagen Sie auch, die erforderlichen Abstände zur Hauswand und zur Straße oder Gehweg. Das werden im Regelfall 70cm sein, sodass wir auf die 2,70m kommen. Die RASt 2006 sieht sogar 1,10m für den erforderlichen Bewegungsraum von Rollstuhlfahrenden vor. Diese Breiten kommen natürlich auch den Menschen zu, die sich mit dem Rollator fortbewegen, die einen Kinderwagen schieben oder die mit dem weißen Langstock unterwegs sind. Alle diesen Personen haben ein Recht darauf, sich sicher und barrierefrei im öffentlichen Raum fortzubewegen. Dieses Recht wird aber eingeschränkt, wenn wir die Mindestbreite auf 1,80m zurückfahren würden. Im Übrigen würde das auch keine größere Flexibilität ermöglichen, wie es in der Begründung steht. Denn dieses Mindestmaß gilt ja nur in Wohnstraßen mit gewöhnlichem Fußverkehrsaufkommen. Gerade in der Innenstadt werden aber regelmäßig Breiten über 3m erforderlich sein, wenn dort Gehwege neu- oder umgebaut werden, um ein Überholen zu ermöglichen. In Geschäftsstraßen sollen es nicht weniger als 4m sein, um ein ungestörtes Flanieren inklusive Schaufensterbummel zu ermöglichen. Denn was sie scheinbar völlig ausblenden ist, dass ein starker Fußverkehr ein Wirtschaftsfaktor für den Einzelhandel ist. Zufußgehende beleben die Städte, machen sie dadurch attraktiv und machen die Holstenstraße, die Holtenauer Straße und andere Einkaufsstraßen erst zu dem, was sie sind. Es gibt also keine Gründe, die Mindestbreite für Gehwege zurückzufahren. Im Gegenteil, der Fußverkehr braucht so viel Platz wie möglich, um Mobilität und Teilhabe für alle zu ermöglichen, um unsere lokalen Geschäfte zu stärken und um attraktive Stadt wahrgenommen zu werden. So machen wir die Stadt zukunftsfähig, und nicht mit einer Rolle rückwärts, wie Sie mit diesem Antrag vorschlagen. Vielen Dank.