Die Ratsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD äußern sich besorgt über die aktuelle Finanzlage der Stadt Kiel. Wie gestern am Runden Tisch Finanzen deutlich wurde, beläuft sich das Defizit der Stadt im Ergebnishaushalt für 2025 aktuell auf ein Minus von 163 Millionen Euro und könnte für dieses Jahr bis auf ein Minus von 220 Millionen Euro anwachsen. Hauptursachen sind die weiter dynamisch steigenden Kosten für soziale Hilfen, die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie erhöhte Zinsbelastungen. Hinzu kommen die Auswirkungen der regionalisierten Steuerschätzung, die für 2025 weitere Einbußen von rund 1,5 Millionen Euro prognostiziert. Gerade die Dynamisierung der Ausgabensteigerungen erscheint besonders besorgniserregend.

Während der Investitionsbereich derzeit stabil bleibt, plant die Verwaltung eine Reihe von Maßnahmen, um die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen. Dennoch wird klar, dass Einzelmaßnahmen die prekäre Haushaltslage nicht nachhaltig stabilisieren können. Angesichts der dramatischen Situation wird der Oberbürgermeister am Freitag eine Haushaltsperre verhängen. Die Haushaltsperre wird voraussichtlich vier Monate dauern.

Anke Oetken, Fraktionsvorsitzende der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sagt: „Die Haushaltssperre ist ein deutliches Signal dafür, wie angespannt die kommunalen Finanzen in Zeiten multipler Krisen und wachsender sozialer Herausforderungen sind. Massiv steigende Sozial- und Jugendhilfekosten, Tarifsteigerungen und einschneidende Kürzungen des Landes setzen unsere Stadt finanziell unter enormen Druck. Zugleich zeigt sich aber auch: Wir brauchen einen konsequenten politischen Kurs, der soziale Daseinsvorsorge, Zukunftsinvestitionen und Klimaschutz nicht gegeneinander ausspielt. Kiel steht in der Verantwortung, auch unter schwierigen Bedingungen soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung zu leben. Wir werden in den kommenden Haushaltsberatungen sehr genau darauf achten, dass die Konsolidierungen sozialverträglich und nachhaltig gestalten werden. Ebenso verfolgen wir mit Interesse, wie sich die interne Neuorganisation in der Verwaltung entwickelt, erste Maßnahmen sind bereits gestartet. Gleichzeitig müssen wir als Stadt klare Forderungen an Land und Bund richten, die Kommunen endlich finanziell so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben auch unter den Bedingungen der Klimakrise und demografischen Entwicklung bewältigen können.

Die Mobilitätswende, Investitionen in klimagerechtes Bauen, Bildung und soziale Infrastruktur dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Wir werden uns dafür stark machen, dass genau diese Zukunftsbereiche auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig bleiben – Zukunft sichern trotz Haushaltsperre.“

Dr. Christina Schubert, Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, erklärt: „Die Haushaltssperre ist eine Zäsur in der städtischen Haushaltspolitik. Sie zeigt deutlich, in welch prekäre Lage unsere Stadt auch durch die verantwortungslose Landespolitik getrieben wurde: immer mehr übertragene Aufgaben ohne entsprechende finanzielle Ausstattung, zahlreiche Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich, Missachtung der Konnexität. Dies führt zu einer Dynamik, die ganz überwiegend außerhalb der städtischen Handhabe liegt. Deswegen ist es richtig, mit der Haushaltssperre die Pause-Taste zu drücken und sorgsam und in Ruhe die richtigen Schritte zu gehen. Klar ist: Trotz eigener Maßnahmen und Einsparungen wird es nicht möglich sein, die finanziellen Herausforderungen maßgeblich zu bewältigen, ohne grundsätzliche Reformen und Unterstützung von Land und Bund. Dazu gehört für uns die Forderung, dass die vom Bund geplanten massiven Förderungen direkt in die Kommunen fließen müssen, um unseren gesetzlichen Aufgaben und den großen Zukunftsaufgaben gerecht zu werden: Infrastruktur, Bildung und Wohnraum. 

Gleichzeitig ist für uns auch klar, dass wir unsere eigenen Bemühungen um Einsparungen intensivieren müssen. Die SPD-Ratsfraktion ist dazu bereit, Entscheidungen der letzten Jahre – auch eigene! – auf den Prüfstand zu stellen und Aufgabenkritik zu üben. Nur harte soziale Einschnitte, die wird es mit uns nicht geben!“