Zwischenbilanz Masterplan Wohnen

Rede von Lutz Oschmann in der Ratsversammlung am 16. November zur Zwischenbilanz Masterplan Wohnen (Drucksache 0781/2017)

Mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit ist der Masterplan Wohnen für Kiel am 31.März 2015 vorgestellt worden. Die vollständige Überschrift heißt: „Mehr Wohnungen für die wachsende Stadt Kiel – bezahlbar für alle Kielerinnen und Kieler.“ Eine sehr anspruchsvolle Zielvorgabe.

Nach zweieinhalb Jahren Laufzeit kann gut eine Zwischenbilanz gezogen werden. Wir Grünen haben uns den Masterplan vorgenommen und zu allen Ankündigungen und Zielen Nachfragen erarbeitet. Ich komme später im Einzelnen darauf.

Der Wohnungsmarkt in Kiel ist jetzt schon angespannt, so dass es für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen immer schwerer wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Bis 2030 soll Kiel auf 268.000 Einwohner anwachsen, erforderlich sind dafür 21.520 neue Wohnungen. (Quelle: Vorausberechnung Statistikamt Nord, Juni 2016) Im Oktober kam der Statistische Bericht Nr. 249 – Bevölkerungsprognose 2016 – 2036 als GM in die Ausschüsse. Dort werden für das Jahr 2036 262.600 Einwohner*innen erwartet. Das prognostizierte Wachstum ist also etwas schwächer als bei den Landeszahlen. Wichtig ist die folgende Aussage: Die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung hängt aber nicht alleine vom Grundtrend der vergangenen Jahre, sondern im hohen Maße auch vom verfügbaren Wohnraum ab. Das ist in sich logisch, wenn die Stadt es nicht schafft, den erforderlichen Wohnraum anzubieten, dann werden auch nicht so viele Menschen nach Kiel kommen.

Im Juni 2014 liefen 3.280 Sozialbindungen für Wohnungen aus. Damit stehen in Kiel nur noch 6.200 geförderte Wohneinheiten zur Verfügung; für ca. 5.000 Wohnungen hat die LH Kiel ein Vorschlagsrecht. (Quelle: Masterplan Wohnen vom 31. März 2015, Seite 5.)

Im Masterplan Wohnen war vereinbart worden, dass 2015 und 2016 jeweils 800 neue Wohnungen fertig gestellt werden. Die Realität sieht anders aus.

Im Jahr 2015 wurden insgesamt 488 Wohnungen fertiggestellt, davon 102 geförderte Wohnungen. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 540 Wohnungen fertiggestellt, davon 61 geförderte Wohnungen. Im Jahr 2017 sind Baugenehmigungen für 465 Wohneinheiten erteilt worden, davon nur 12 öffentlich gefördert. (Quelle: Antwort der Stadt auf eine Kleine Anfrage, Druksache 0711/2017) Der Kieler Mieterverein kommentiert das in der Presseerklärung vom 18. September so: „Das ist nicht nur mager, sondern peinlich“.

Im Januar 2016 stand eine Beschlussvorlage von Stadtrat Gerwin Stöcken auf der Tagesordnung der Ratsversammlung, es ging um die Wohnraumversorgung in der Landeshauptstadt Kiel. In der Begründung heißt es: „Zusätzlich zu den 800 Wohneinheiten des Masterplans Wohnen werden nach einer ersten Bedarfsschätzung weitere ca. 1.800 Wohneinheiten bis Ende 2017 für notwendig gehalten.“ Das hat leider nicht geklappt. Gebaut wird am Schusterkrug mit 15 Wohneinheiten unter städtischer Regie. Das Vorhaben Baumaßnahme Havemeisterstraße ist laut Investitionsplanungsliste vom 13. Juli 2017 auf 2018 verschoben worden. Von der Umsetzung der Baumaßnahme Langer Rehm wird abgesehen.

Nun zu den einzelnen Fragen: hier die Fragen 1 bis 3:
Bis Oktober 2015 wurden keine weiteren Umsetzungsstrategien gemeinsam von Landeshauptstadt Kiel und Wohnungswirtschaft entwickelt – anders als im Masterplan verabredet. Bei der Frage nach der Schaffung bezahlbaren Wohnraums für alle Bevölkerungsschichten wird vom Oberbürgermeister auf die verpflichtende Quote für geförderten Wohnraum von 30 Prozent für städtische Grundstücke verwiesen. Weiter heißt es: „Problematisch bleibt jedoch die allgemeine Wohnbauflächenknappheit in Kiel sowie der geringe Flächenanteil in kommunaler Hand.“ Der Aussage können wir Grünen nur zustimmen. Von daher ist es unbegreiflich, wie die städtischen 90 Hektar auf dem Verkehrslandeplatz zum Tabu erklärt werden. Nur auf städtischen Flächen kann tatsächlich und garantiert bezahlbares Wohnen umgesetzt werden.

Frage 4: „Sind in den Jahres 2015 und 2016 wie geplant jeweils 800 neue Wohnungen fertig gestellt worden?“
Diese einfache Frage kann doch wahrheitsgemäß mit „Leider Nein!“ beantwortet werden, bevor weitere Ausführungen gemacht werden.

Frage 8:
Die Immobilienwirtschaft hat seit April 2015 7 städtische Grundstücke verkauft mit der Auflage von 30 Prozent geförderten Wohnraum. In der Summe sind es 275 Wohneinheiten, davon 82 Wohneinheiten bezahlbarer Wohnraum. Mit 29,8 Prozent eine tatsächliche Punktlandung.

Frage 9: „Hat die LH Kiel die Wohnraumversorgung von Mieterinnen und Mietern mit geringem Einkommen positiv verändert?“
Auch hier müsste mit „Leider nein!“ geantwortet werden. Die weiteren Ausführungen des OB gehen nicht auf die Frage ein.

Frage 10: „Wie viele Wohnungsneubauten im unteren und mittleren Preissegment konnten von April 2015 bis heute fertig gestellt werden?“
Dazu gibt es keine konkrete Antwort. Ausgeführt wird, dass bei der Mietpreisbildung grundsätzlich Marktfreiheit besteht. Und es ist daher jedem Bauherren überlassen, für welche Preissegmente er neuen Wohnraum baut und zu welchen Preisen er seine Neubau-Wohnungen vermietet.

Frage 11: „Konnte das Ziel der sozialen Balance eingehalten werden, dass bei allen Wohnprojekten ein Drittel geförderter Wohnraum umgesetzt werden?“
Auch hier wäre die ehrliche Antwort „Leider nicht“. Ausgeführt wird: Es ist nicht bei allen Bauprojekten zu dem angestrebten Mix aus Sozialwohnungen und frei finanzierten Wohnungen gekommen. Dritte sind nicht verpflichtet, ein Kontingent an Sozialwohnungen zu realisieren. Keine wirklich neue Erkenntnis!!!

Frage 14: „Hat die Landeshauptstadt Kiel vernachlässigte oder verwahrloste Immobilien erworben und saniert?“ „Nein“, müsste die Antwort lauten. Im Rahmen der Überlegungen zur Gründung einer Wohnungsgesellschaft soll dieser Ansatz vertieft geprüft werden. Schau`n wir mal.

Frage 16: „Sind vom April 2015 bis heute Gruppen-Wohnprojekte ermöglicht worden?“
Antwort: Die LH Kiel hat sich im November 2016 am Wohnprojektetag beteiligt. Derzeit gibt es neben einigen Anfragen ein Vorhaben, das konkret realisierbar erscheint. Welches es ist, wird nicht genannt.

Frage 17: „Haben die Landeshauptstadt Kiel und die Wohnungsunternehmen gemeinsame Strategien der sozialen Wohnraumsteuerung entwickelt?“
Antwort: Die gemeinsame Strategie besteht darin, so viel Wohnraum wie möglich für alle Bevölkerungsschichten und -gruppen zu schaffen. Verwiesen wird auf die Projekte Hof Hammer inklusiv, den Anscharpark, Elleremsch in Ellerbek/Elmschenhagen und Parkplatz Droysenstraße.

Der Kieler Mieterverein geht hart ins Gericht mit der Stadt. In der Presseerklärung vom 18.September schreibt der Mieterverein „Der Neubau kommt nicht wirklich voran, schon gar nicht mit bezahlbaren Mieten“.

Zu den aktuellen Mietpreissteigerungen führt der Mieterverein aus: „Weder der Pakt für bezahlbares Wohnen des Landes noch der Masterplan Wohnen der Landeshauptstadt Kiel haben die negative Entwicklung verhindert.“

Uns liegt der aktuelle Wohnungsmarktbericht 2017 vor. Auf Seite 6 heißt es: „Gleichzeitig ist Kiel im Zwei-Jahresvergleich die Stadt mit der zuletzt höchsten prozentualen Steigerung (Mannheim 5,1 Prozent, Freiburg 6,5 Prozent; Kiel 12,6 Prozent) 12,6 Prozent der durchschnittlichen Mietpreissteigerung innerhalb von zwei Jahren ist der Hammer. Im Bundesgebiet gehört Kiel zu den zehn Großstädten mit den höchsten Steigerungen bei den Mieten.

Der Wohnungsmarkt-Bericht lobt den erfreulichen Anstieg der Bautätigkeit mit dem Hinweis, dass es sich jedoch hauptsächlich noch überwiegend um Wohnungen im hochpreisigen Segment handelt. In der Schlussbemerkung des Wohnungsmarktberichtes heißt es: “Die gesteigerte Bautätigkeit wird diesem Bedarf insbesondere für preisgünstigen Wohnraum noch nicht gerecht. Die Schere zwischen dem Wohnungsangebot und den auf den Wohnungsmarkt drängenden Privathaushalten wird weiterhin größer. Die Gefahr von weiteren deutlichen Mietpreissteigerungen ist latent vorhanden. Das steigende Mietpreisniveau wird sich auf den Kieler Mietspiegel auswirken und somit sind auch die Bestandsmieten der Gefahr weiterer Mietpreissteigerungen ausgesetzt.

Was kann da dämpfend wirken? Nur der Wohnungsbau auf städtischen Flächen kann wegen moderaten Grundstückspreisen preiswertes Wohnen ermöglichen und den Wohnungsmarkt insgesamt beeinflussen. Deshalb ist unsinnig die Fläche des Verkehrslandeplatzes Holtenau, die der Stadt zu 90 Prozent gehört, zum Tabu zu erklären.

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