Es gilt das gesprochene Wort!
Liebe Kolleg*innen,
heute steht hier kein einziger Antrag in der Rubrik Gesundheit. Das ist traurig. Wir haben so ein tolles Amt für Gesundheit und an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch an Frau Dr. Maike van der Elst ehemals Benson.
Tage der Frauengesundheit – super besucht. Tage der Männergesundheit – Besucherzahlen kannste an drei Händen abzählen. Was zeigt uns das?
Dass wir unterschiedliche Ideen und Anreize brauchen, um unterschiedliche Menschen zu erreichen. Manchmal darf es auch spielerisch sein: malt man Himmel- und Hölle Hüpfspiele in Fußgängerzonen auf den Boden, spielen Menschen dieses Spiel im Vorbeigehen und bewegen sich ganz nebenbei. Schöne Wandbilder in Treppenhäusern sorgen ganz unterschwellig dafür, dass Menschen häufiger die Treppe nehmen. Oder man stellt an der Erdgeschoss-Wand einmal die Woche ein neues Quiz im digitalen Bilderrahmen ein und löst es im obersten Geschoss auf. Warum ganz oben? Menschen sind grundsätzlich neugierig und einmal die Woche juckt es einen dann doch und man will die Lösung wissen. Das sind Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung, lasst uns dieses Wissen auch nutzen! Man nennt es nudging, also sowas wie Anstupsen. Man macht die gesundheitsförderliche Verhaltensweise leichter, bzw. koppelt sie mit spielerischen Elementen.
Auf Männerklos hängt manchmal, im Pissoir, ein kleines Fußballtor mit einem Ball oder eine Fliege genau in der Mitte, damit die Männer wissen: da sollst du hinzielen. Das hat jetzt wenig mit Gesundheit zu tun, verdeutlicht aber gut, worum es geht.
Auch andere gesundheitsförderliche Maßnahmen kosten nichts bzw. fast nichts:
Ein Rauchverbot in Bushaltestellen der KVG. Wer den Bus nehmen muss, muss sich zwangsläufig dem Passivrauchen aussetzen. Das grenzt an Nötigung. Und wer jetzt meint: wer soll das kontrollieren? Piktogramme erzeugen eine Hürde, dienen als Argumentationshilfe und fördern den Mut der Nicht-Rauchenden, die Rauchenden anzusprechen. Und ja ein paar Idioten gibt es immer, die sich trotzdem nicht daran halten. In Dietrichsdorf auf dem neuen Spielplatz ist, wie auf jedem anderen Spielplatz in Kiel auch, Rauchen verboten und dennoch spreche ich dort regelmäßig die Leute an. Wer in Kiel einen Zigarettenautomaten aufstellen möchte, muss dafür eine Genehmigung erhalten bzw. die Aufstellung muss im Einklang mit den lokalen Bauvorschriften stehen. Ändern wir in diesem Punkt die Vorschriften bzw. erteilen wir keine Genehmigungen mehr. Fertig! Warum gestatten wir Rauchen auf dem Gelände des städtischen Krankenhauses und in Dienstkleidung für das Personal? Drinnen liegen Patient*innen die wegen Krebs bestrahlt, bzw. mit einer Chemo- oder Immuntherapie versorgt werden. Draußen stehen dann die Angehörigen zusammen mit den Mitarbeitenden des Krankenhauses NEBEN dem Raucher-Pavillon und rauchen erst mal eine. Das versteht doch kein Mensch. Vor allem weil Rauchen jeden 5 Krebsfall im allgemeinen verursacht, bei Lungenkrebs sind es 80-90 %.
Lasst uns die Rahmenbedingungen verändern und uns endlich mal ehrlich machen. Wir jammern über weniger Pflegekräfte, sterbende Krankenhäuser und ein überteuertes Gesundheitssystem und gießen durch gesundheitsschädliche Rahmenbedingungen weiter Benzin ins Belastungsfeuer genau dieses Systems.
Lasst uns endlich mal den Mut fassen, den Rahmen zu ändern. Und wenn sich dann Menschen beschweren, dass wir versuchen dafür zu sorgen, dass sie länger gesund durchs Leben kommen, höre ich mir das gerne an. Hier, im Einkaufsladen und an jeder Haustür.
Und ich erzähle euch das hier alles und würde mich sogar freuen, wenn jemand mal schneller ist und einen Antrag diesbezüglich stellt. Ich gestehe im Gegenzug auch jedem die guten Ideen ein und finde dieses „wir machen dasselbe nur in Grün“ auch peinlich. Denn es geht hier um die Sache! Aber verkauft bitte nicht andere Ideen als eure Idee und stellt euch damit in die Presse.
2024 beschloss der Grüne Landesparteitag Schleswig-Holstein das Engagement für eine Zuckersteuer nach britischem Modell auf Bundesebene. Dieses Jahr macht das eine CDU auf Landesebene ebenfalls und verkauft das Ding als ihre Idee, obwohl sie intern erst dagegen gewettert haben und jeder weiß, dass die CDU-Gesundheitsministerin wenig begeistert war von der Idee. Und dann ist die CDU auch noch sauer, wenn man in der Presse klarstellt, wessen Idee es war. Und morgen wird das Ganze noch im Landtag besprochen und hoffentlich beschlossen und kurz vor Schluss kommt die Landes SPD auch nochmal mit der gleichen Idee inklusive Antrag um die Ecke. Das kannst du dir nicht ausdenken sowas.
Vielen Dank!