Der Haushalt 2026 steht vor großen Herausforderungen. Kiel ist strukturell unterfinanziert – wie viele Kommunen in Deutschland. Gleichzeitig verlangt die Kommunalaufsicht, dass bei einem defizitären Haushalt Einsparungen vorgenommen werden.
„Zum ersten Mal sehen wir uns gezwungen, den Haushalt anders als gewohnt anzupacken“, erklärt Anke Oetken, Fraktionsvorsitzende der Grünen Ratsfraktion. „Ein defizitärer Haushalt verlangt Verantwortung – und die übernehmen wir. Im Zentrum unserer Debatten standen diesmal nicht Wünsche für unsere Stadt. Dieser Haushalt steht ganz im Zeichen der Einnahmengenerierung und Ausgabenkürzung. Es ist uns gelungen, die Einführung der Übernachtungssteuer zu beschließen. Damit haben wir eine neue, verlässliche Einnahmequelle für unsere Stadt geschaffen – ein Schritt, der Kiel handlungsfähig hält und uns ermöglicht, die großen Aufgaben der kommenden Jahre zu bewältigen.“
„Zum 1. Oktober 2026 werden wir eine Übernachtungssteuer für Kiel einführen. Das fällt uns nicht leicht. Doch steigende Tourist*innenzahlen zeigen: Das Geschäft wächst – und die Infrastruktur dafür darf nicht allein von den Kieler*innen getragen werden“, erklärt Louisa Wiethold, finanzpolitische Sprecherin. „Aus den erwarteten Einnahmen erhalten und stärken wir mit 1 Million Euro touristische Projekte und Infrastruktur, ohne soziale Angebote zu gefährden.“
In geringem Ausmaß nimmt die Kooperation Kürzungsvorschläge der Verwaltung wieder zurück. „Wir wollen, dass das Begrüßungsgeld für Studierende bleibt. Wir sichern den Verhütungsmittelfonds. Statt an nur einer halten wir an zwei Einbürgerungsfeiern im Jahr fest. Menschen mit Migrationshintergrund, Senior*innen, Schüler*innen und Studierende geben Kiel sein Gesicht – sie erhalten unsere Unterstützung.“ Die sozialen Strukturen Kiels bleiben erhalten und werden gestärkt. „Sie sind das Herzstück unserer Gemeinschaft“, betont Oetken.
Mit dem Programm ‚Optimierung Kommunalbau‘ wollen die Grünen künftig effizienter, kostengünstiger und ökologischer bauen – mit Blick auf Klimaanpassung und nachhaltigen Standards. Bei den Kieler Bädern werden die Gebühren angepasst. „Wir erhöhen die Preise, führen aber gleichzeitig einen Ermäßigtentarif ein – für Studierende, Senior*innen, Schüler*innen, Auszubildende und Besitzer*innen der Ehrenamtskarte. So bleibt der Zugang gerecht“, so Wiethold.
„Kürzungen, gerade bei den Schwächsten, lehnen wir ab. Wir Grüne setzen auf das Wohl unserer Gemeinschaft – auf soziale Stärke, ökologische Verantwortung und die Mobilitätswende, verbunden mit finanzieller Vernunft. Unser Kurs lautet: solide Finanzen, starke Gemeinschaft, mutige Investitionen in die Zukunft“, erklären Oetken und Wiethold abschließend.
Die SPD-Ratsfraktion ist kritisch, aber mit umsichtigem Blick an die Beratungen des Haushalts herangegangen. „Uns war klar, dass wir gerade unsere eigenen Beschlüsse und Projekte aus den vergangenen Jahren genau unter die Lupe nehmen müssen – viele davon haben wir unter ganz anderen finanziellen Voraussetzungen auf den Weg gebracht“, erklärt Christina Schubert, Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion.
Zentrales Anliegen der SPD-Ratsfraktion war und bleibt der Schutz der sozialen Infrastruktur. „Diese Projekte und Einrichtungen sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und der Kern unserer sozialdemokratischen Arbeit in dieser Stadt. Sie zu schwächen, kam für uns zu keinem Zeitpunkt infrage“, betont Christina Schubert. „Umso wichtiger ist es, dass trotz der angespannten Haushaltslage keine wesentlichen Kürzungen in diesem Bereich vorgenommen werden mussten. Darauf sind wir stolz – denn gerade in Zeiten, in denen viele Menschen jeden Euro zweimal umdrehen müssen, braucht es ein starkes soziales Netz.“
Gleichzeitig macht die SPD-Ratsfraktion keinen Hehl daraus, dass auch schmerzhafte Entscheidungen nötig waren. „Gebühren- und Steuererhöhungen standen nicht auf unserer Wunschliste“, so Christina Schubert. „Aber sie lassen sich politisch wie inhaltlich nicht vollständig vermeiden.“ Entscheidend sei dabei, dass diese Maßnahmen sozial gerecht ausgestaltet sind. „Das ist uns mit den neuen Bädergebühren gelungen, und auch die Übernachtungssteuer fließt einem klar definierten Zweck zu – nämlich der Stärkung des Tourismusstandorts Kiel.“ Kritisch will die SPD-Ratsfraktion insbesondere große Projekte wie das Meeresvisualisierungszentrum auf den Prüfstand stellen. „Wir setzen uns dafür ein, dass alternative Finanzierungen gefunden werden. Es darf nicht sein, dass die Stadt solche Projekte allein schultern muss.“
Volkhard Hanns, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, betont: „Grundsätzlich muss es möglich sein, auch in einem stark defizitären Haushalt politische Akzente zu setzen. Deshalb wird entsprechend dem Wunsch von Ortsbeiräten ein Prozess zur Errichtung von Jugendunterständen eingeleitet. Außerdem findet der Fonds „Gemeinsam Kiel gestalten“ 2026 statt, nachdem er 2025 wegen der Haushaltssperre nicht stattfinden konnte. Dadurch wird der soziale und demokratische Charakter Kiels gestärkt.“
Trotz aller Anstrengungen bleibt die finanzielle Lage sehr schwierig und herausfordernd: „Kiel ist – wie nahezu alle Städte – strukturell massiv unterfinanziert. Wir werden unter den derzeitigen Rahmenbedingungen keinen ausgeglichenen Haushalt aus eigener Kraft erreichen können“, macht Volkhard Hanns deutlich. „Das Maß des kommunalpolitisch Möglichen ist ausgeschöpft – es sei denn, wir wären bereit, unsere soziale Stadt aufzugeben. Und das kommt für uns nicht infrage.“ Vielmehr ist für die SPD-Ratsfraktion entscheidend, dass auch weiterhin kräftig in die Zukunft Kiels investiert wird. „Hier sind wir mit einer Umsetzungsquote von über 90 Prozent auf dem richtigen Weg. Umso entscheidender wird es nun sein, dass das Sondervermögen des Bundes nun on top kommt bei unseren Investitionen und das Land auf Grund unserer Haushaltslage nicht bei den Investitionen kürzt. Denn dann verpufft das Sondervermögen des Bundes“, so Hanns.
Christina Schubert und Volkhard Hanns erklären abschließend: „Unsere Linie bleibt klar – soziale Verantwortung, finanzielle Vernunft und ein wachsamer Blick auf das, was Kiel lebenswert macht.“