StefanDahl

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

Armut ist kein bisschen sexy. Auch wenn der ehemalige Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit mit dem Satz „Berlin ist arm aber sexy“ berühmt geworden ist. Armut ist bitter! Armut macht Menschen einsam. Sie macht Menschen traurig. Sie macht Menschen krank. In unserer Gesellschaft wird Armut häufig als individuelles Problem gesehen. Da ist der Schritt nicht mehr groß zu sagen: Jemand sei doch selbst schuld. Nein, das ist falsch!

Armut ist ein strukturelles Problem, Armut kann jeden treffen. Und wir alle kennen wahrscheinlich viel mehr Menschen, die arm sind, als wir denken – weil sie es nach außen verbergen, weil sie sich schämen. Wir dürfen sie nicht allein lassen. Wir müssen mehr tun, damit Armut in Kiel kein Lebensschicksal ist, an dem Menschen verzweifeln können.

Fachleute sprechen von „Primärer Armut“ und „Sekundärer Armut“. An den Ursachen von primärer Armut kann die Stadt wenig ändern: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Lebensschicksale, die Menschen aus der Bahn werfen. Wo wir ansetzen können – und auch müssen – ist im Bereich von „Sekundärer Armut“. Er umschreibt die Folgen von Armut.

Menschen, die in Armut leben, haben häufiger Übergewicht, sind häufiger krank. Kinder, die in Armut leben, haben, unabhängig von ihrer Intelligenz, oft mehr Probleme in der Schule, haben weniger Möglichkeiten Hobbys zu entdecken, Musikinstrumente zu lernen, an Unternehmungen teilzunehmen, die Geld kosten. Armut erschwert Teilhabe. Das ist ein Punkt, an dem wir als Stadt mehr tun können und auch müssen. Wir wünschen uns, dass der nächste Sozialbericht der Stadt noch viel genauer die Armut von Kindern betrachtet, die Armut von Alleinerziehenden, von älteren Menschen.

Wir wollen eine genauere Datenerfassung, die auch Anzeichen und Folgen von Armut erfasst. Zum Beispiel aus den Schuleingangsuntersuchungen: Übergewicht, Zahngesundheit. Wir wünschen uns mehr Daten und Fakten über Sprachförderung, über Schulabsentismus, über Bewilligungen von Eingliederungshilfe.

Bisher können wir aus dem Sozialbericht eine grobe Orientierung bekommen, z. B. in welchen Stadtteilen es besonderen Handlungsbedarf gibt, wo nicht. Wir wollen auch wissen warum. Unser Ziel ist es, aus einer differenzierten Sozialberichterstattung, die Menschen in allen Lebensphasen, unterschiedlicher Herkunft, jeglichen Geschlechts betrachtet, Präventionskonzepte gegen Armut in Kiel zu entwickeln. Das ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Sie wird Ressourcen brauchen, Fachexpertise und Geld.

Mit unserem Antrag wollen wir den Weg dafür bereiten, dass Armut in Kiel langfristig messbar weniger wird, und dass es den Menschen hier spürbar besser geht.

Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.

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