Rede auf der Demonstration „Solidarität mit der HDP! Für Demokratie und Freiheit in der Türkei!“

Am Samstag, den 29. Mai, unterstützten wir die Demonstration der Alevitischen Gemeinde Kiel und der Demokratischen Aleviten Föderation „Solidarität mit der HDP! Für Demokratie und Freiheit in der Türkei!“. Unser Vorstandsmitglied, Burak Kocaaslan, hielt folgende Rede:

„Liebe Freundinnen, Liebe Freunde,

tausende Menschen, die sich für Freiheit und Demokratie, für Feminismus und Gerechtigkeit, für Pluralismus und Menschlichkeit einsetzen sitzen derzeit in türkischen Gefängnissen.

Amnesty International spricht von einer „systematischen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention“, das Europäische Parlament spricht von einer „Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit“, Human Rights Watch äußert, die „politische Einflussnahmen auf die Justiz“ führt dazu, dass Gerichte „falsche Anklagen annehmen“.

Diese Äußerungen zur Menschenrechtslage in der Türkei prangern die türkische Regierung an. Zu Recht, wie wir finden.

Noch Anfang März 2021 hatte die türkische Regierung die Menschenrechtslage im eigenen Land für reformbedürftig gehalten. Mit einem „Aktionsplan” für Menschenrechte wurden Verbesserungen angekündigt. Die Meinungsfreiheit sollte gestärkt werden, die Versammlungsfreiheit, die Demokratie im Allgemeinen, der Minderheitenschutz, die Frauenrechte.

Gleichzeitig und umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass tausenden HDP-Mitglieder aus fadenscheinigen Gründen, unschuldig im Gefängnis sitzen.

Während die türkische Regierung Werte wie Demokratie, Gerechtigkeit, Minderheitenschutz seit neuestem für sich reklamiert, ist es offensichtlich, dass sie diese Werte lediglich als Worthülsen verwendet. Worthülsen, die in den Ohren der Europäischen Union wohlklingen sollen, um Zugeständnisse einzufordern. Davon dürfen wir uns nicht täuschen lassen.

Fakt ist, dass die Missachtung der Menschenrechte auf der türkischen Tagesordnung steht und von der Regierung vorangetrieben wird.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2012 hat die HDP sich dieser Missachtung entgegengestellt. Seit 2012 hat sie sich eingesetzt für Werte, die ein menschliches Miteinander ermöglichen; hat sich gegen die politische Korruption gestellt und vielen Menschen eine Stimme gegeben, die sich nicht gehört fühlen. In den letzten Parlamentswahlen 2018 konnte die HDP dadurch 11,7 % für sich gewinnen.

Dass man nicht nach ihren Spielregeln spielt, quittiert die türkische, Regierung indem sie mutige Menschen einfach wegsperrt.

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
es heißt Hoffnung und Naivität seien leicht zu verwechseln.
Für uns aber lassen sie sich trotzdem unterscheiden und diese Unterscheidung ist bedeutsam:

Ich erkenne Naivität darin, wenn wir Annehmen die türkische Regierung wird unschuldige Menschen aus der Haft entlassen und die Lage selbst entschärfen. Naiv ist es auch zu glauben, Deutschland und die Europäische Union können sich aus der politischen Situation raushalten und die Menschen sich selbst überlassen. Deutschland und die EU müssen eine klare Linie in Fragen der Menschenrechte ziehen und damit sich absolut solidarisch mit der HDP zeigen.

Ich sehe Hoffnung darin, dass sich immer mehr Menschen für Gerechtigkeit in einem Land einsetzen, dass historische Last mit sich trägt. Dass mehr Menschen die weitläufige Korruption verachten, dass absolute Mehrheiten keine Gewissheit mehr haben und Menschen nach politisch, gerechten Alternativen suchen.

Lasst uns die türkische Regierung nach ihren Taten messen, nicht nach ihren blumigen Absichtserklärungen.

Bis dahin lasst uns kompromisslos-solidarisch mit der HDP sein, damit der Keim der Hoffnung weiterwachsen kann.

Vielen Dank!“

Kiel, den 29. Mai

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