La Panchina rossa – Respekt ist eine sichere Bank

Sehr geehrter Stadtpräsident,
liebe Kolleg*innen,

Im Jahr 2020 wurden vom Bundeskriminalamt etwa 148.000 Fälle von partnerschaftlicher Gewalt registriert. Etwa 80% der Opfer sind Frauen.

2020 kam es zu 460 versuchten Tötungsdelikten in diesem Zusammenhang. Mehr als ein Fall pro Tag!

Etwa jeden dritte Tag gelingt dieser Versuch. Im Jahr 2020 158 mal. 158 Menschen wurden getötet! Davon 132 Frauen!

Hinzu kommen immense Dunkelziffern, die mensch sich gar nicht ausmalen möchte.

Und diese Zahlen steigen seit Jahren. Sicher auch im zurückliegenden Jahr 2021.

Die Öffentlichkeit und die Medien sprechen dann gerne von einer „Beziehungstat“, einer „Familientragödie“ oder einem „Ehedrama“. Und noch im vergangenen Jahr wurde eine versuchte Tötung von einem Richter als „Verbrechen aus Leidenschaft“ bezeichnet.

Der BGH urteilte noch 2019, dass es einem Täter als strafmildernd anzurechnen sei, dass sich seine Partnerin vor der Tat von ihm getrennt hätte. Ein Urteil im Widerspruch zur Istanbul-Konvention aus dem Jahr 2018.

Ausdrücke und Sichtweisen, die leider nicht ansatzweise erfassen, um was es geht. Und die dafür sorgen, dass die menschenverachtende Realität hinter solchen Fällen absolut verharmlost wird.

Gewalt gegen Frauen wird ausgeübt, weil die Opfer Frauen sind.

Tötungsdelikte an Frauen sind meist keine Tötungsdelikte aus irgendwelchen Gründen. Nein, der Grund ist, dass das Opfer eine Frau ist. Es handelt sich um Femizide.

Es soll hier aber nicht der Eindruck entstehen, es ginge nur um Tötungen und körperliche Gewalt. Gewalt gegen Frauen ist vielschichtig. Es gibt auch unzählige Formen psychischer Gewalt, die Frauen teilweise über Jahre erleiden müssen, ohne dass dabei sichtbare Verletzungen offenkundig werden. Das ist nicht weniger verwerflich und ebenso eine Straftat.

Wieso rede ich als Mann hierzu? Wieso bringe ich diesen Antrag ein?

Weil es uns alle angeht! Frauen und Männer!

Weil Gewalt gegen Frauen von Männern verübt wird!

Weil Femizide von Männern verübt werden!

Und weil diese Taten beschämend und erschreckend sind. Deshalb sind sie ein Thema für alle Menschen. Für Frauen, wie auch für Männer.

Sie sind auch mein Thema, weil ich eine Mutter, eine Partnerin, eine Tochter und eine Schwester habe. Und weil bei mir die Vorstellung, dass jemand diesen Menschen etwas antut, nur weil sie Frauen sind, schlichtweg Angst auslöst. Bei der Vorstellung wird mir übel.

Es sind Themen für alle Frauen und Männer, die Gewalt ablehnen!

Doch was können wir dagegen tun?

Bringt es etwas, rote Bänke in der Stadt aufzustellen, wie es unser vorliegender Antrag fordert?

Natürlich lösen wir damit nicht dieses Problem. Das Problem einer patriarchalen Gesellschaft, in der noch immer in vielen Männerköpfen Frauen als Menschen zweiter Klasse gesehen werden.

Aber wir sorgen für Aufmerksamkeit. Und jede Aufmerksamkeit kann helfen. Seit 2016 werden in Italien rote Bänke aufgestellt. Die erste „La Panchina rossa“ wurde in Perugia aufgestellt. Und viele Städte folgten. Unter anderem Turin, Mailand, Cambiano, Florenz. In Deutschland mittlerweile Potsdam, Freiburg, Speyer, Borken, Mannheim und andere.

Wieso eine rote Bank?

Rot wie das Blut! Das Blut, welches Gewalttaten begleitet.

Es ist nicht meine Idee, nicht unsere Idee. Es ist einfach eine Idee, die wir aufgreifen.

Die roten Bänke sollen Symbol sein.

Die roten Bänke sollen aufmerksam machen.

Die roten Bänke sollen aber auch Hilfe bieten, durch Hinweise auf Hilfsorganisationen, Frauennotruf, Frauenhäuser.

Die roten Bänke bieten die Möglichkeit, auszuruhen. Ganz direkt und eben auch symbolisch.

Die roten Bänke sollen durch Aktionen am 25. November auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. Am internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen. Dazu sollen dort auch Kunstaktionen und ähnliches stattfinden.

Die Bänke sollen an herausgehobenen Stellen Teil des Stadtbildes werden. Teil des alltäglichen Lebens. So wie auch die Gewalt gegen Frauen Teil des Alltags der betroffenen Frauen ist.

Und wer sich auf die Bänke setzt, kann Solidarität mit den Opfern ausdrücken.

Wenn nur eine Frau durch die Bänke auf Möglichkeiten aufmerksam wird, die ihr aus der Gewaltspirale helfen können, dann hat es sich schon gelohnt.

Wenn die Bänke nur eine Nachbarin oder einen Nachbarn für das Thema sensibilisieren und diese oder dieser beim nächsten lautstarken und körperlichen Streit der Nachbarn die Polizei ruft, um das Opfer zu schützen, dann hat es sich schon gelohnt.

Bitte unterstützen Sie die „Panchine Rossa“, die an vier Plätzen in Kiel aufgestellt werden sollen!

Noch ein paar Worte zum Änderungsantrag des SSW, der das Projekt auf alle 18 Ortsbeiratsbezirke ausweiten will: Lassen Sie uns modellhaft mit vier Aktionsarten beginnen, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Sobald uns das gelingt und wir dieses Projekt verstetigen können, freue auch ich mich über eine Ausweitung.

Danke!

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