In den zuständigen Fachausschüssen für Wirtschaft und Bauen haben wir mit einem Antrag den Aufstellungsbeschluss für das Gewerbegebiet Boelckestraße Süd geändert (Drs. 1139/2021). Durch den Beschluss wird eines der geplanten 7 Baufelder aus der Planung genommen und so als Naturraum erhalten und geschützt. Auch die angrenzende Doppelknickstruktur wird dadurch und durch ebenfalls eingeforderte größere Abstände des angrenzenden Baufeldes besser in ihrer Funktion erhalten und geschützt.
Doch was sind die Hintergründe und Auswirkungen dieses Beschlusses? Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan, also der Beschluss dort einen B-Plan zur Entwicklung eines Gewerbegebietes zu erstellen, stammt aus dem Jahr 2017. Die Vorbereitungen gehen ins Jahr 2016 zurück. Es handelt sich also um einen Plan, der aus der vergangenen Wahlperiode stammt.
Vor allem stammt der Beschluss aus einer Zeit:
- vor der Verabschiedung des Climate Emergency 2019 in Kiel
- vor dem richtungsweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus diesem Jahr
- vor dem Bericht des Weltbiodiversitätsrates zum globalen Artensterben aus dem Jahr 2019
Als grüne Ratsfraktion ist es für uns aber selbstverständlich, dass wir alte Beschlüsse überprüfen, um sie dem heute geforderten Stand des Klimaschutzes, der Klimaanpassung und des Schutzes der Biodiversität anzupassen.
Deshalb sind wir den Hinweisen der Naturschutzverbände nachgegangen und haben in einer Abwägung der Belange von Natur- und Klimaschutz auf der einen und dem Bedarf nach neuen Gewerbeflächen auf der anderen Seite den nun beschlossenen Kompromiss entwickelt.
Vor Ort geht es vor allem um Flächen, die als artenreiches und strukturreiches Dauergrünland klassifiziert werden. Diese Flächen erfüllen mit dem „Sprung“ über die Boelckestraße Richtung Norden auch eine wichtige Funktion im Biotopverbundsystem. Und nicht zuletzt sei eine deutliche Geländestufe vor Ort erwähnt, die unter Aspekten der Klimaanpassung, z.B. mit Blick auf Starkregenereignisse, vor einer Versiegelung zu schützen ist.
Jedes Versiegelung, jedes Baugebiet und jedes Gewerbegebiet stehen in Konkurrenz zu Naturräumen und immer muss man die Belange gegeneinander abwägen. Aber die genauere Betrachtung der Flächen der Boelckestraße Süd macht deutlich, dass hier eine andere Abwägung zu treffen ist, als es bei der Planung noch passiert ist. Wir haben uns als Grüne Ratsfraktion daher für die Änderung des Aufstellungsbeschlusses eingesetzt.
Als Grüne hätten wir mehr gewollt. Nach unserer Meinung sollte das Gewerbegebiet noch kleiner werden. Aber in Abstimmung mit unserem Kooperationspartner konnten wir jetzt nicht mehr durchsetzen.
Das Verfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Unter Berücksichtigung der üblichen zeitlichen Abläufe, wird der B-Plan zum Beschluss erst nach der kommenden Kommunalwahl im Jahr 2023 vorgelegt. Wir werden also im Wahlkampf und in anschließenden Kooperationsverhandlungen dafür kämpfen, dass das Gewerbegebiet Boelckestraße Süd in Abwägung mit dem Klima- und Naturschutz nochmal überplant wird und die wertvollen Flächen von artenreichem Dauergrünland noch besser und umfangreicher geschützt werden, indem die geplante Bebauung weiter reduziert wird.
Die aktuell beschlossene Änderung eines Aufstellungsbeschlusses kann und darf auch kein Einzelfall bleiben. Alte Beschlüsse und alte Planungen müssen wir in den kommenden Jahren immer auch auf die neuen Anforderungen des Klimaschutzes überprüfen und entsprechend anpassen. Baugebiete, Straßen, Gewerbegebiete und Häuser werden für Jahrzehnte geplant. Der Klimawandel und die Ziele, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen geben uns aber nicht einmal mehr 10 Jahre Zeit. Bauen und Planen wie bisher darf es also nicht weiter geben.
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