pixelshot Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, sehr geehrte Ratsleute, Kiel ist eine soziale Stadt. Das ist sie nicht von alleine. Daran arbeiten viele Menschen, jeden Tag mit großem persönlichen und professionellen Einsatz in unterschiedlichsten sozialen Berufen und Einrichtungen – ob in der Eingliederungshilfe, in Betreuungseinrichtungen, in Beratungsstellen. Ich möchte Ihnen allen sagen: Wir sehen, was Sie leisten. Wir hören Ihnen zu. Und wir sind dankbar, dass es sie gibt! Wir übernehmen als Kommune Verantwortung. Deshalb setzen wir uns ein für eine gerechte Bezahlung sozialer Arbeit in den Stadtteilen! Wir sind im Gespräch mit vielen Trägern und wissen, dass die immer komplexere Arbeit angesichts immer größerer Notlagen in vielen Bereichen nicht mehr auskömmlich finanziert ist. Drei Jahre Corona-Pandemie haben in vielen Familien zu wirtschaftlichen, psychischen und sozialen Notlagen geführt. Sie brauchen Unterstützung. Und die Einrichtungen, die diese Unterstützung leisten, brauchen Personal, das sie angemessen bezahlen müssen. Es kann und darf nicht sein – dass befristete Verträge bei einzelnen Trägern nicht mehr verlängert werden können, weil sie nicht wissen, wie sie sie im nächsten Jahr finanzieren sollen. Oder dass sie ihre Leistungen kürzen müssen, um über die Runden zu kommen. Dass immer mehr Arbeit auf immer weniger Köpfe verteilt wird. Das halten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Dauer nicht aus. Und die Träger wirtschaftlich auch nicht. Bisher kalkulieren wir in Kiel mit einem jährlichen pauschalen Lohnkostenaufwuchs von 2 Prozent. Das hat auch einigermaßen funktioniert. Nun müssen wir angesichts hoher Kostensteigerungen und Tarifabschlüsse in vielen Bereichen neu rechnen. Und miteinander reden. Deshalb bitten wir als Kooperation die Verwaltung, zu prüfen, was gebraucht wird und was geht. Gerade hat uns die Stadtverwaltung den Sozialbericht 2023 vorgelegt und auch die Entwicklung von Kinderarmut in Kiel dargelegt. Wir wissen nun: Die Zahlen haben sich leicht verbessert – und sie sind doch viel zu hoch! Jedes 4. Kind in Kiel lebt in Armut. Das ist ein letztlich stabil katastrophaler Befund, der uns zum Handeln zwingt! Die Zahlen konnten Sie schon in der Presse lesen: 7531 Mädchen und Jungen im Alter von 0-15 Jahren (24,2 Prozent) leben mit ihren Eltern, Elternteilen, Geschwistern in Armut – und noch viel mehr leben an der Armutsgrenze. Weil das Wohngeld erhöht wurde, sind einige Familien aus dem Sozialgeld und damit aus der Statistik herausgefallen. Sind sie deshalb wirklich nicht mehr arm? In Mettenhof gilt nun nicht mehr ganz jedes zweite Kind als arm (44,7 Prozent) – aber noch immer sind es viel zu viele! In Gaarden ist mehr als jedes zweite Kind arm, nicht mehr fast jedes dritte. Trotzdem: 58,8 Prozent! Dies sind nicht bloß Zahlen. Das sind häufig Schicksale – und immer schwierige Startbedingungen ins Leben. Denn nach wie vor entscheidet in Deutschland – und auch in Kiel – der Bildungshintergrund der Eltern, ihr sozialer Status, Beruf, ihre Herkunft, ihre Sprache über die Bildungs- und Lebens-Chancen ihrer Kinder. Das sind harte Fakten! Die von der Verwaltung vorgelegten statistischen Daten unterstreichen den Handlungsbedarf! Was tun wir: Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, in Kiel, in allen Stadtteilen, Zusammenhalt zu stärken und gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen – besonders für die Kinder. Dafür setzt sich diese Kooperation ein und das bildet sich auch im Haushalt 2024 ab. Wir haben in Kiel das Netzwerk gegen Kinderarmut. Das müssen wir weiter fördern und ausbauen. Es leistet eine unverzichtbare Arbeit für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Armutserfahrung. Es braucht mehr geschultes, sozialpädagogisches Personal. Wir wollen den Sozialbericht der Stadt in Zukunft noch mehr nutzen, um daraus Handlungsempfehlungen für die Bekämpfung von Armut zu entwickeln. Und wir wissen, dass der Bedarf groß ist! Und natürlich schauen wir auch über die Stadtgrenzen hinaus: Auch die Landesregierung plant, gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren im Sozialbereich die Sozial- und Armutsberichterstattung weiterzuentwickeln und mehr Teilhabe von Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen zu ermöglichen. Das heißt im Land wie in der Stadt auch Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Bildung, Sprache, Integration, Sport, Freizeit. Also auch in kommunaler Verantwortung. Der aktuelle UNESCO-Bericht identifiziert dieselben Bevölkerungsgruppen als besonders armutsgefährdet wie die Landesregierung in ihrem Bericht von 2020. Und auch in Kiel haben wir ein ähnliches Bild: Geringqualifizierte, Erwerbslose, Menschen mit Migrationsgeschichte oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, Alleinerziehende sowie Familien mit drei und mehr Kindern sind deutlich häufiger von materieller Armut betroffen. Deshalb werden wir als Kooperation für Kiel die Kinder- und Jugendarmut auf kommunaler Ebene noch gezielter bekämpfen, indem wir bestehende Strukturen und Netzwerke stärker fördern und eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Armut entwickeln. Dabei sollen insbesondere Unterstützungsangebote ausgeweitet und armutssensibles Handeln in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern gefördert werden. In einkommensschwächeren Stadtteilen setzen wir uns zum Beispiel für Jugendzentren und Mädchentreffs sowie aufsuchende Sozialarbeit und Streetwork ein. Die Bekämpfung von Jugend- und Kinderarmut ist ein (das) zentrale(s) Thema unserer Sozialpolitik für die kommenden Jahre. Jetzt müssen wir die Weichen stellen und das auch im Haushalt verankern. Vielen Dank