Bericht aus der Grünen Ratsfraktion

Am 14. und 15.12.2006 fanden die Haushaltsberatungen für das Jahr 2007 statt. Die Debatte dauerte insgesamt 19 Stunden. Im Vorwege hatten sich die Fraktionen von GRÜNEN und CDU auf eine gemeinsame Haushaltsvorlage verständig, die dann auch gegen die Stimmen der Opposition so beschlossen wurde. Der Fehlbetrag im Verwaltungshaushalt liegt bei 52 Mio. €. Wir sind aber optimistisch, dass sich die Einnahmeseite vor allem durch Gewerbesteuereinnahmen im Haushaltsvollzug weiter verbessern wird.

Die Stadt Kiel schafft gute Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung und die Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger. Das ist unsere Einflussnahme auf die Höhe der Schlüsselzuweisungen des Landes, auf die anteiligen Einnahmen aus der Einkommenssteuer sowie aus der Gewerbesteuer. Die Konsolidierung geht nur über die Ausgabenseite, dabei müssen die strategischen Ziele der Stadt beachtet werden. Deshalb brauchen wir eine fundierte Aufgabenkritik. Da die internen Anstrengungen nicht ausreichen, haben wir die externe Beratung durch Kienbaum gesucht. Nach dem Baudezernat werden auch die anderen Dezernate untersucht. Wenn von den identifizierten Einsparungen im Bau-Dezernat von 10 Mio. Euro bis 2010 ca. 70% tatsächlich umgesetzt werden, dann haben wir viel geschafft. Klar ist, es geht um Stellen, die wegfallen können, es geht nicht um betriebsbedingte Kündigungen, die sind weiterhin auf Grund der Rahmendienstvereinbarung ausgeschlossen.
 

Die Stadt muss die kommunale Daseins-Vorsorge sichern. Wir haben keine weiteren Anteile an der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) verkauft haben. Unser öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) hat seine Wirtschaftlichkeit deutlich verbessert. Eine Eigenwirtschaftlichkeit wird in 2007 gegeben sein, das alles sind Ergebnisse der internen Anstrengungen bei der KVG. Der strategische Partner war wenig hilfreich. Auch unser Abfallwirtschaftsbetrieb (ABK) hat seine Wirtschaftlichkeit verbessert, die Gebühren können im nächsten Jahr leicht gesenkt werden. Überlegungen zu einer Rechtsformänderung beim ABK sind vom Tisch, er bleibt ein eigenbetriebs-ähnliches städtisches Unternehmen. Wir GRÜNEN sehen keine Vorteile für die Stadt durch einen weiteren Verkauf von Anteilen an den Kieler Stadtwerken.
 

Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse hat zugenommen und erfreulicherweise sank auch in Kiel die Zahl der Arbeitslosen im Lauf des Jahres um 3,6 Prozentpunkte auf derzeit 13%. Zugleich haben wir eine Studie des Statistischen Bundesamts zur Kenntnis nehmen müssen, nach der jeder achte Deutsche mit maximal 850 Euro im Monat auskommen muss. Insgesamt haben 45.000 Kielerinnen und Kieler, derzeit nicht die Möglichkeit, über eigene Einnahmen den Lebensunterhalt zu finanzieren, diese Menschen sind arm. Armut heißt auch, keinen Zugang zu Bildung und zu sozialem Aufstieg zu haben.

Zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit ist deshalb ein neues Bündnis aus Kinder- und Jugendhilfe, Bildungs- und Sozialpolitik notwendig. Kindergarten und Schule müssen zu Schicksalskorrektoren für alle Kinder werden, die bei der Chancenlotterie im reichen Deutschland die Nieten gezogen haben.
 

Die Diskussion über ein Kindergartenpflichtjahr und die Gebührenfreiheit ist sinnvoll. Doch müssen wir zuerst einmal in die Verbesserung der Sprachförderung und der Qualität der frühkindlichen Bildung im Kindergarten investieren. Der Kindergarten ist vom ersten Tag an Bildungseinrichtung. Defizite beim Spracherwerb können nicht im letzten Jahr vor Schulbeginn aufgefangen werden. Sprachförderung hat am ersten Tag des Kindergartenbesuchs zu beginnen und ist im pädagogischen Alltag zu verankern.

Dank der umfangreichen Analyse der Verwaltung über die Problemdichte in den Sozialräumen wissen wir, dass in Gaarden und Mettenhof ein langjährig gewachsenes Missverhältnis zwischen dem Ausmaß der sozialen Probleme einerseits und den eingesetzten Mitteln andererseits besteht.

In Gaarden sind 65 von 100 Kindern unter 15 Jahren abhängig von Sozialgeld, fast 30% der Grundschüler in Gaarden erreichen lediglich die Hauptschule, über 4 Mio. Euro fließen in Gaarden in die Hilfen zur Erziehung, das ist nahezu ein Drittel der Gesamtmittel. Zugleich investieren wir im Vergleich mit anderen Stadtteilen bisher unterdurchschnittlich in Kinderbetreuung, Jugendtreffs und Schulsozialarbeit. Das müssen und wollen wir ändern!
 

Darum investieren GRÜNE und CDU in ein Programm zur Verbesserung der Kinderbetreuung und Elternbildung in Gaarden und Mettenhof. Wir verbessern die Qualität der Kinderbetreuung, verstetigen und bauen die Schulsozialpädagogik aus, stärken die Elternberatung und schaffen kurzfristig mehr Kita-Plätze in Mettenhof. Wir investieren in die pädagogische Arbeit in den Kitas durch mehr Betreuungsstunden, den Ausbau der Sprachförderung und durch die Verkleinerung von Gruppengrößen. Künftig werden vier Sozialpädagogen für die Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen, wir fördern die Elternberatung bei Fragen der Gesundheit, Ernährung und Bewegung für Neugeborene und Kleinstkinder in Problemfamilien. Wir müssen dafür kämpfen, dass mehr Eltern in Gaarden und Mettenhof die Möglichkeiten der Vorsorge-Untersuchungen ihrer Kinder wahrnehmen. Mit rund 300.000 € finanzieren wir 63 zusätzliche Plätze für Kinder aus Mettenhof, davon 30 durch eine Kooperation mit Kronshagen.
 

Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass wir in Kiel die Vorgaben des Tagesausbaubetreuungsgesetzes vorzeitig, also vor 2010 erfüllen. Wir setzen darauf, dass in absehbarer Zeit aus den Kindertageseinrichtungen Familienzentren werden, in denen familienunterstützende Dienste, Familien- und Erziehungsberatung, Familienbildungsarbeit, die Vermittlung von Tagesmüttern und -Vätern, Sprachförderung, Frühförderung sowie Gesundheitsförderung stattfinden können.
 

Das System der sozialraumorientierten Unterstützung wird in den Sozialzentren und den nunmehr 15 Stadtteilkonferenzen gelebt, in denen professionelle und ehrenamtliche Akteure sich regelmäßig treffen und bedarfsbezogen schnelle und niedrigschwellige Förderhilfen organisieren. Dafür konnten wir die Haushaltsmittel in den letzten 3 Jahren auf 800.000 Euro verdoppeln.
 

Die Inobhutnahme von sexualisierter Gewalt betroffener Mädchen durch das Mädchenhaus Lotta ist für die Jahre 2007 und 2008 durch neue Leistungs- und Vergütungsverträge gesichert. Basis dafür ist der laufende 3-Jahres-Vertrag der Stadt mit Lotta von 2005-2007. Der Abschluss des Dreijahresvertrags war ein großer politischer Erfolg. Wir sind damit weggekommen von dem unsäglichen Zustand, jedes Jahr wieder neu für Lotta kämpfen zu müssen. Und die SPD hat uns da wenig genug unterstützt. Ich darf daran erinnern, die GRÜNE Ratsfraktion hatte die Unterstützung der Sozialdezernentin Frau Bommelmann eingestellt, weil sie neben ihren Fehlleistungen im Krankenhaus und den Pflegediensten im Auftrag von OB Gansel auch noch Lotta zumachen wollte.
 

Der SPD-Aktionismus war unnötig und hat auch nichts bewirkt. Der unhaltbare Vorwurf, die Politik von GRÜNEN und CDU kämen einer „vorsätzlich unterlassenen Hilfeleistung“ gleich, ist wirklich unterste Schublade.
 

Der Klimawandel ist eine Tatsache. Woche für Woche erreichen uns neue Meldungen über seine dramatischen Folgen. Das Abschmelzen des arktischen Eises, der weltweite Schwund der Gletscher, der Anstieg des Meeresspiegels, die Verschiebung von Vegetationszonen sind nur einige der schlimmsten Konsequenzen. Wir spüren schon heute die Klimaänderungen, die wir eigentlich erst für unsere Kinder und Enkel befürchtet hatten. Die menschliche Verantwortung für die globale Erwärmung wird nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt.
 

2007 und 2008 stehen wichtige Entscheidungen über klimarelevante Großprojekte an. Die Voruntersuchung für eine StadtRegionalBahn (SRB) ist erfolgreich abgeschlossen worden. Der Nutzen-Kosten-Quotient beträgt 2,14, das ist sehr guter Wert für ein Stadtbahnprojekt. Die Anmeldung der SRB als ÖPNV-Großvorhaben für das GVFG-Bundesprogramm ist erfolgt. Das ist das wichtigste Infrastrukturprojekt für die gesamte Region. Die Untersuchungen haben ergeben, dass ein attraktiver ÖPNV mit der SRB zu einer deutlichen Verminderung von Fahrleistungen im motorisierten Individual-Verkehr (MIV) führt. Der geplante Aus- und Neubau von Infrastruktur für den fließenden und ruhenden MIV kann sich dadurch erübrigen. Die erzielbare Verminderung beträgt 71 Mio. PKW-km pro Jahr. Das ist Klimaschutz par exellance, denn eingesparte 71 Mio. PKW-km bedeuten 11 Mio. Tonnen weniger CO² in der Kieler Region. Nicht zu vergessen, die SRB kann finanziert werden und sie ist sehr viel schneller umsetzbar als z.B. der 150 Mio. Euro teure Ostring II, der wie auch die Südspange Gaarden bis 2015 nur zum weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gehört.
 

Wir müssen entscheiden über einen Kraftwerksneubau auf dem Ostufer. E.on plant ein 1.100 MW-Kohlekraftwerk, mehr als drei mal so groß wie das jetzige GKK. Pro Jahr sollen 2,5 Mio. Tonnen Importsteinkohle verbrannt werden. Was bedeutet das für den CO²-Ausstoss in Kiel? Pro Jahr sind das über 7 Mio. Tonnen CO², damit wäre dann Schluss mit der Klimaschutzstadt Kiel. Wir GRÜNEN werden uns aktiv in die Diskussion einmischen mit alternativen Konzepten zur Steinkohleverbrennung, mit Energiesparmaßnahmen, dem Ausbau der Fernwärme, mit Biomasse und Biogas und der GuD-Technologie.
 

Die Highlights unseres Haushalts sind:

  • Die Ausgaben für die Kindertageseinrichtungen erhöhen sich von rund 29 Mio. in 2006 auf 31 Mio. € in 2007 unabhängig von weiteren Verbesserungen des Sofortprogramms.
  • Für die Maßnahmen der Sozialzentren gegen Kinderarmut stehen rund 800.000 € bereit.
  • Das Sanierungsprogramm für allgemein bildende Schulen läuft mit 2.500.000 € weiter.
  • Der Ausbau der Schulen zu Ganztagsschulen wird fortgesetzt.
  • Für die Sanierung von öffentlichen Spiel- und Bolzplätzen werden rund 200 000 € bereitgestellt.
  • Wir investieren in den Neubau der Sporthalle in Schilksee 1.145.000 € und stellen zusätzlich für die Sanierung der Sporthallen 50 000 € ein.
  • Die Mittel zur Kinderwegesicherung erhöhen wir auf 200.000 €.
  • Der Jugendtreff in Holtenau wird weiterhin mit 28.500 € bezuschusst.
  • Unser 2006 begonnenes Projekt der Mittagstische für bedürftige Kinder und Jugendliche wird mit 10.000 € fortgesetzt.

Das wichtigste Wirtschafts-Projekt für Kiel ist der Wissenschaftspark mit dem Wissenschaftszentrum. In direkter Nachbarschaft der Universität sollen Forschung und Wissenschaft in Kontakt mit wirtschaftlichen Unternehmen treten. Der Wissens- und Technologietransfer wird gefördert und wir erwarten neue wirtschaftliche und wissenschaftliche Impulse. Das soll sich dann auch in der Schaffung neuer qualifizierter Arbeitsplätze auszahlen.
 

Weitere wichtige Investitionen bringen wir auf den Weg.

  • beim Science Center steht der Vertragsabschluss mit dem Betreiber an
  • das Cruise & Ferry Center soll im April 2007 zum ersten Mal angelaufen werden, die Kosten haben sich durch Managementfehler der alten Geschäftsführung deutlich erhöht
  • Die Sanierung des Olympiazentrums Schilksee wird fortgesetzt
  • Kiel führt das Programm Soziale Stadt mit einem Ansatz von 3 Mio. € fort.
  • Das Protonentherapiezentrum wird gebaut. 

Der Haushalt 2007 hat einen deutlichen sozialpolitischen Schwerpunkt. Dabei haben sich die Fehlentwicklungen in Gaarden und Mettenhof über die letzten 20 Jahre aufgebaut. Die SPD Oberbürgermeister und die absoluten SPD-Mehrheiten haben in diesen Zeiträumen nicht reagiert und die Entwicklung schleifen lassen. Das ändern wir beginnend mit diesem Haushalt.

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